Diese Frage war Titel einer Sendung der Reihe west.art, die am Sonntag, den 12. September 2010 um 11.00 Uhr im WDR ausgestrahlt wurde. Bettina Böttinger und fünf Gäste führten ein angeregtes Gespräch über ein eher unbequemes Thema, dessen Tragweite man sich kaum vorzustellen vermag.
Ein Gast war der Moderator und Autor Ralph Caspers, der nicht nur die Hörbuchversion von „Tiere essen“ gesprochen hat, sondern selbst Vater von drei Kindern und größtenteils Vegetarier ist.
Jonathan Safran Foer, Autor des Buches „Tiere Essen“, über das u.a. geredet wurde, wollte eigentlich nur für sich und seine Familie wissen, was Fleisch ist. Wo es herkommt? Wie es produziert wird? Welche Folgen der Fleischkonsum für die Wirtschaft, die Gesellschaft und unsere Umwelt hat?
Seine Beschäftigung mit diesem Thema begann als persönliche Untersuchung, wurde aber rasch viel mehr und gipfelte schliesslich in diesem Buch.
Auch die anderen Gäste der Sendung (Stephanie Kindermann, Adrian Peter, Sarah Wiener und Karl Ludwig Schweisfurth) wollten nicht vorschreiben, wie man sich zu ernähren hat. Es ging um Aufklärung und dabei wurden viele Fragen gestellt, Meinungen geäussert, darüber diskutiert und versucht die Konsequenzen des heutigen massenhaften Konsums von Fleisch in einem Gesamtzusammenhang zu betrachten.
? Besichtigung einer Fleischfabrik !
Viele Konsumenten machen sich bestimmt zu selten wirklich klar, dass sie durch ihre ganz persönlichen Entscheidungen für oder gegen Produkte tatsächlich direkt mitbestimmen, in welche Richtung sich die Gesellschaft insgesamt bewegt.
Wer selbst einmal erlebt hat, wie die Fleischproduktion funktioniert, wird seine Haltung dazu mindestens überdenken. Einige Erlebnisse nach dem Abitur während meiner Arbeit als Gärtner bei einer „Fleischfabrik“ – incusive Firmenbesichtigung – waren heftig und führten dazu, dass ich mich über 10 Jahre ausschließlich vegetarisch ernährte.
Die Firma gehörte zum Konzern eines anderen Gastes der WDR-Sendung: Karl Ludwig Schweisfurth. Als Pionier der industriellen Fleischverarbeitung in Deutschland machte er aus einem kleinen Familienbetrieb den größten Wurstkonzern Europas. Von 1966 bis 1979 war der gelernte Metzger Präsident des Bundesverbandes Deutsche Fleischwarenindustrie und damit oberster Lobbyist der Fleischbranche.
„Mir war schlagartig klar, dass Fleisch von derart gequälten Tieren keine lebensfördernde Nahrung für uns Menschen sein kann. Wenn ich nicht die Möglichkeit hätte, gutes Fleisch zu essen, dann würde ich Vegetarier werden.“
Zitat: Karl Ludwig Schweisfurth
Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs gab er seinem Leben im Alter von 54 Jahren eine ganz neue Richtung. 1984 verkaufte der Wurstfabrikant seinen Milliardenkonzern „Herta“ und wurde Biobauer in Bayern. Mittlerweile gelten seine Herrmannsdorfer Landwerkstätten als Vorzeigebetrieb für ökologische und nachhaltige Lebensmittelproduktion.
? Mitbestimmung durch Konsum !
Jemand, der ein Produkt konsumiert oder nicht, entscheidet zunächst mal persönlich, aber eben nicht nur. Heute ist es viel einfacher, sich vegetarisch zu ernähren, als es noch vor Jahrzehnten war, weil sich inzwischen eine andere Esskultur entwickelt hat.
„Sobald wir unsere Gabeln heben, beziehen wir Position.“ (Jonathan Safran Foer)
Der Mensch ist zwar ein vielseitiger Allesfresser, aber die grundsätzliche Frage ist auch heute, welche Menge an tierischem Eiweiss überhaupt gesund ist und ob (!) bzw. wieviel der Körper davon benötigt. Wahrscheinlich essen viele Leute längst zuviel, denn in westlichen Industrieländern gibt es ja eher ein Problem mit Überernährung!
Ernährung ist natürlich grundsätzlich eine individuelle Sache und es müssen auch nicht sofort alle Menschen zu Vegetariern werden, aber es kann auf keinen Fall so weiter gehen, dass noch mehr Menschen noch mehr Tiere essen. Drei Bücher zum Thema:
Adrian Peter: Die Fleischmafia · Kriminelle Geschäfte mit Fleisch und Menschen
Jonathan Safran Foer: TIERE ESSEN
Karl Ludwig Schweisfurth: Tierisch gut · Vom Essen und Gegessen werden
Massentierhaltung und Fleischindustrie vereinnahmen viele Ressourcen, die weitaus effizienter genutzt werden können. Der Anteil dieser Industrie am Klimawandel wird vielleicht immer noch unterschätzt, vor allem, wenn man sich mal kurz vergegenwärtigt, dass obendrein der brasilianische Regenwald abgeholzt wird, nur um Futtermittel (Soja) für die Massentierhaltung anzubauen …
Wozu das alles schon geführt hat:
Zu einer entrückten „subventionierten“ Welt, in der das Leben und die Ernährungslage nicht zwangsläufig „gut“ sind, bloss weil man (noch mehr) Fleisch essen kann!
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