Was am heutigen Freitag, 19. Nov. 2010 in der Oldenburgischen Volkszeitung (OV) – einer der hiesigen Lokalzeitungen, die sich als „überparteiliche christliche Tageszeitung“ bezeichnet – zu lesen war, hatte satirische Qualitäten. Vielleicht war es ja tatsächlich nur ein Witz, denn schließlich hat die Karnevalszeit gerade angefangen und der „Scherz“ war nicht schlecht. Spass muss sein, besonders beim Karneval.
Deutschland, das Land der Dichter und Denker, beherbergt neben vielen ganz normal begabten Menschen auch eine Menge Komiker, die meistens intelligent und eben deshalb witzig sind. Denn das gehört einfach zusammen: Intelligenz und Humor. Nicht jedem ist aber bewusst, ob oder wann er gerade unfreiwillig komisch ist. Auch wenn man von Beruf „Bundespräsident“ ist, ist man davon nicht befreit. Ganz im Gegenteil, wer ein derartiges Amt ausübt, steht grundsätzlich als Repräsentant in der Öffentlichkeit und sollte eine gewisse Selbstreflexion haben. Sonst ist gar nichts anderes möglich, als witzig zu wirken.
Jemand, der nicht bemerkt, dass er sich immer wieder als Sprecher für eine Sache hinstellt, die sich selbst gerne lobt und für wichtiger hält, als sie in der Gesellschaft tatsächlich ist, wirkt unfreiwillig komisch und auch etwas peinlich. Deshalb ist er zwar immer noch ein netter Mensch, allerdings mit einem erkennbaren Mangel an Reflexionsvermögen.
Der Würde dieses hochrangigen Amtes im deutschen Staat sind derartige Realitätsverluste nicht angemessen. „Bundespräsident“ ist auf der anderen Seite aber auch gar kein richtiger Beruf, weshalb theoretisch so ungefähr jeder für diese vorwiegend repräsentative Funktion ausgewählt werden könnte. Allerdings muss man für diese Position sehr viel Erfahrung haben, um sie wirklich überzeugend zu bekleiden. Jeder Präsident ist anders und angesichts der schon sehr offensichtlichen Nichtneutralität des derzeitigen Amtsinhabers werden viele froh sein, dass dieses Amt glücklicherweise immer nur für eine begrenzte Zeit vergeben wird.
Interessant ist die Aussage: „Als Bundespräsident kann ich oft etwas zum ersten Mal machen“, denn sie stammt schließlich von jemandem, der bereits seit Jahrzehnten als hoher „Staatsbeamter“ sein tägliches Brot verdient und vermutlich war das nicht die spannendste Beschäftigung. Aber jetzt, das ist doch toll: jeden Tag was Anderes und oft auch noch zum ersten Mal – „Herzlichen Glückwunsch“ kann man da nur sagen.
„Der Präsident begreift sein Amt als permanenten Kindergeburtstag. Mit sich selbst als Beschenktem. Da kann man nur gratulieren. Dass diese Berufsauffassung etwas quer liegt zur Würde und dem Gewicht des ersten Manns im deutschen Staat – das kann man nur zur Kenntnis nehmen. Und täglich grüßt das Glücksgefühl.“
Zitat aus dem Zeitungstext*
Eigentlich ist „Bundespräsident“ ja ein seriöses Fach mit einem guten „Gehalt“, weshalb diese Rolle möglichst nicht mit einem „unfreiwilligen Komiker“ besetzt werden sollte. Humor ist ein Ergebnis intelligenter Selbstreflexion, fragen Sie mal „Loriot“ danach. Andererseits werden Aussagen und Formulierungen „hoher (religiöser wie politischer) Würdenträger“ immer wieder mal unfreiwillig komisch bis absurd sein, was wiederum den „Unterhaltungswert“ von Politik und Religion enorm steigert.
Wahrscheinlich hat sowieso jedes Land die Politiker, die es verdient und hier kann uns Deutschen keiner vorwerfen wir hätten wenig oder sogar keinen Sinn für Humor.
Tja, und genau das ist auch wirklich das Besondere an unserer demokratischen Gesellschaft und ihrer Meinungsfreiheit: jede(r) kann sagen, was er oder sie will – sogar der Bundespräsident, insbesondere wenn er von zwei Kindern interviewt wird.
* Der Zeitungsartikel – oder besser die Randbemerkung – bezieht sich auf eine Antwort auf eine Frage aus einem Interview des Bundespräsidenten mit der Zeitschrift „Dein Spiegel“ (Nachrichten-Magazin für Kinder ab 8 Jahre). Interviewt wurde er von Maike (12 Jahre) und Zakariya (11 Jahre).
Alani Prinz
Schöner Beitrag! Wo ist der Flattr-Button 😉