Vier sind mehr als zwei, das trifft wohl zu. Die bloße Anzahl der Wahrnehmungsrezeptoren – in diesem Beispiel „Augen“ – ist jedoch nicht allein entscheidend, sondern ebenso die „Sichtweise“, also die Art wie das Betrachtete (das Wahrgenommene) eingeordnet und bewertet wird. Erst so wird aus quantitativer Wahrnehmung qualitative Einschätzung, die immer noch ganz unterschiedlich ausfallen kann. Auch wenn „viele“ (= Quantität) einer Meinung sind, ist dies zuallererst ihre relative (kollektiv-subjektive) Wahrheit, die mit der tatsächlichen Realität nicht übereinstimmen muss.
„Vier Augen“ · Manfred Menke (1. Januar 1993)
Das mit Pastellkreide gemalte Bild, welches ich am 1. Januar 1993 zu Papier gebracht habe, hat eine Originalgröße von 59,4 x 42 cm und trägt den Titel „Vier Augen“, von denen zwei geschlossen sind und den Blick entspannt nach innen wenden. Die anderen beiden glotzen wie irre schielend herum und erblicken wohl nichts Erquickliches, während drei „Münder“ gewissermaßen eine optische Metapher darstellen und so ihren Kommentar abgeben, dass man doch „Drei Meinungen“ – oder sogar mehr – zu diesem oder jenem Thema haben könnte.
Das ist noch nicht mal schlimm, wären diese Meinungen auf drei Personen verteilt. Ist diese Situation bei einer Person anzutreffen, scheint diese sich in einer Orientierungsphase zu befinden oder sie ist schlicht verwirrt. Wer eine Meinung hat, kann sie ja durchaus auch mal ändern. Man sollte aber auf jeden Fall nur einen Standpunkt vertreten, der auf dem Boden der Tatsachen beruht und der Wahrheit möglichst nahe kommt – sie im besten Fall sogar repräsentiert.
Verwirrung ist wohl eher kein Standpunkt, aber Wahrheit hat Kraft.
Wahrheit ist dynamisch und kann sowohl relativ als auch absolut sein.
Eine Hälfte des Gesichtes ist in „Rot“ gemalt, die andere „Blau“, was den inneren Konflikt zwischen Gefühl und Verstand thematisiert. So erklärt sich auch die Anzahl der Augen, welche im geschlossenen Zustand für das Gefühl stehen und die offenen mit dem irren Blick den vom Gefühl verwirrten Verstand symbolisieren. Das kann auch anders sein. Wenn Intuition und Intellekt im Gleichgewicht sind, sich ergänzen anstatt zu konkurrieren, sehen „Vier Augen“ tatsächlich mehr als zwei.
„Vier Augen“ … sehen mehr als Zwei!
Nicht alleine um das Sehen – die (optische oder andere) Wahrnehmung an sich – geht es, sondern im Wesentlichen um richtiges Verstehen. Also im Kern darum, wie Dinge zusammenhängen. Was durch individuelle Erfahrungen, kulturell geprägte Traditionen und Sichtweisen oder auch von einer Religion mehr oder weniger stark beeinflusst sein kann …
Schauen wir doch mal genauer hin, damit „Quantität“ zu „Qualität“ wird.
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