Gesellschaften kommen und gehen und kein System wird ewig Bestand haben. Seit einiger Zeit wird die bisherige Ordnung im „Nahen Osten“ schwer durcheinander gewirbelt. Aber auch das westliche System mit seinem kapitalistischen Fundament funktioniert ja nur deshalb noch, weil das meiste „Geld“ virtuell – als simple Magnetspur auf zahllosen Computerfestplatten – existiert und niemand so verrückt ist, die sofortige Schuldenbegleichung einzufordern.
Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht die Gemeinschaft. Aber welche Form der Gesellschaft funktioniert für möglichst viele Individuen am Besten?
Das „absurde Kartenhaus der Finanzwelt“ konnte nur so extrem werden, weil „Geld“ kein Wert an sich ist, sondern eine Vereinbarung, die auf Gegenseitigkeit beruht. Wenn sich alle einig sind und die abgedrehtesten Geschäfte zulassen, muss man sich wirklich nicht wundern, dass etwas vollkommen Unübersichtliches, aber an sich nichts Wertvolles dabei herauskommt. Es ist ja ganz nett, dass es „Geld und Computer“ gibt, aber essen kann man beides nicht.
In der arabischen Welt gibt es offensichtlich ganz andere und viel grundlegendere Probleme, was der libanesische Autor Hisham Melhem (Washingtoner Büroleiter des in Dubai ansässigen Satellitenkanals Al-Arabija und Korrespondent der führenden libanesischen Tageszeitung „Annahar“) in einem wirklich sehr lesenswerten Artikel darzulegen versucht.
„Alle Hoffnungen der modernen arabischen Geschichte sind enttäuscht worden. Politische Mitwirkung, die Wiederherstellung der Menschenwürde – die Versprechen aus der Blütezeit der arabischen Aufstände sind verweht. Zurückgeblieben sind Bürgerkriege, ethnische, konfessionelle und regionale Konflikte sowie die Wiederkehr eines militaristischen Absolutismus. Nur die antiquierten Monarchien und Emirate am Golf sowie möglicherweise Tunesien widerstehen vorläufig noch den Fluten.
Zitat aus Artikel: „Die Barbaren sind unter uns“ (Zeit, 06.Dez. 2014), eine Übersetzung des originalen Artikels: „The Barbarians Within Our Gates“ von HISHAM MELHEM (Politico, 18. Sept. 2014)
Ohne die großen Ölvorkommen in der arabischen Welt gäbe es womöglich keine derart umfangreichen Verflechtungen zwischen dem Orient und der westlichen Welt. Mal abgesehen davon, dass der ja auch die westliche Welt stark beeinflussende Monotheismus der drei abrahamitischen Religionen seinen Ursprung im „Nahen Osten“ hat.
Wer sich entwickeln will – ob eine einzelne Person oder eine ganze Gesellschaft – muss sich die eigenen Strukturen bewusst anschauen und manche vielleicht sogar überwinden. Dabei hilft nur kritische Selbstreflexion und das Aufgeben aller dogmatischen Standpunkte.
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